Das wurde mir zugesagt bis zum nächsten Tag. Im Ergebnis dieser „Aussprache“ war mir klar, dass ich an meiner, durch den Chef der Volksmarine angeordneten Versetzung, nichts mehr ändern konnte. Allerdings hatte ich während der Aussprache eine für mich wichtige Entdeckung gemacht. Ich hatte festgestellt, dass der Chef der Volksmarine für diese kurzfristige, außerplanmäßige, unbegründete Versetzung, und der damit verbundenen Streichung aus dem Nomenklaturkader des Ministers für Nationale Verteidigung, anscheinend mein Einverständnis benötigte. Außerdem waren sie wohl in Zeitnot, da die Versetzung zum 01.12. durchgeführt werden sollte. Zu Hause sprach ich mit meiner Frau. Wir einigten uns darauf, dass ich der geplanten Versetzung nach Stralsund nicht zustimmen würde. Unsere Kinder besuchten in Rostock bzw. Ribnitz- Damgarten die Erweiterte Oberschule (Gymnasium) und außerdem hatten wir mit der Planung des Baus unseres Eigenheims in Bentwisch begonnen. Dazu kam, dass ich persönlich nicht bereit war, das Bauernopfer zu spielen, siehe unten. Außerdem war ich der Meinung, dass ich sowieso nichts mehr zu verlieren hatte. Und so antwortete ich am nächsten Tag, als die „Aussprache“ im gleichen Stil fortgesetzt wurde, auf die Frage, ob ich mit der Versetzung nach Stralsund einverstanden wäre, deutlich mit „NEIN“ und dass ich nur einer Versetzung in den Standort Rostock zustimmen würde. Die Antwort von Vizeadmiral T. Hoffmann war ein Befehl: „Sie werden an die OHS nach Stralsund versetzt!“ Darauf meine Antwort: „Dann gebe ich nicht mein Einverständnis für diese Versetzung!“ Kurze Sprachlosigkeit, dann schrie mich Kapitän zur See C. Pahlig, bis zur vorigen Woche noch mein „Freund“ Christian, an:„Wollen sie den zukünftigen Chef der Volksmarine erpressen?“ Die Wertung meiner sachlichen Feststellung als „Erpressung“ bewies mir, dass sich meine Versetzung nicht logisch begründen ließ und ich Recht gehabt hatte mit der Annahme, dass mein Einverständnis benötigt wurde. Meine Antwort war ruhig: „Natürlich nicht, das ist nur eine Information.“ Die Aussprache wurde durch Vizeadmiral T. Hoffmann ohne weitere Festlegungen abrupt beendet und er ging, entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten ohne sich von mir, ich war immer noch Kommandeur des Küstenraketenregiments 18, zu verabschieden – eine für ihn ungewöhnliche Unkorrektheit. Am nächsten Morgen erhielt ich den Telefonanruf eines Offiziers des Bereichs Kader, der mich darüber informierte, dass ich zum 01.12.1987 als Flaggoffizier für Operative Führung in den Stab der Volksmarine nach Rostock versetzt würde. Damit war ich einverstanden.
Überreichen von Erinnerungsgeschenken an unsere sowjetischen Waffenbrüder von der Marineinfanterie.
Nur einen Tag vor meiner Versetzung nahm ich am 30.11.1987 in Warnemünde auf Einladung des Ministers für Nationale Verteidigung noch teil an dem Zeremoniell der Verabschiedung des Chefs der Volksmarine, Admiral W. Ehm, und der Einführung des neuen, Vizeadmiral T. Hoffmann. Das konnte anscheinend nicht mehr korrigiert werden. Die hier geschilderten Vorgänge entsprachen absolut nicht meinen Vorstellungen von der immer propagierten sozialistischen Menschenführung, die von uns gefordert wurde und die wir auf unserer Führungsebene auch durchsetzten.
Die Verabschiedung des langjährigen STMCVM, Admiral W. Ehm, in den Ruhestand. Hier das „Abrudern“ im Kutter „K 10“.
Vielleicht war das für den Chef der Volksmarine, bis 30.11.1987 noch Admiral W. Ehm, aber nicht bindend und auf keinen Fall musste er sich dazu rechtfertigen. Noch einmal zusammengefasst meine Meinung:
- Der Chef der Volksmarine verstieß gegen seine Dienstpflichten, indem er als mein direkter Vorgesetzter nicht mit mir persönlich über meine geplante Versetzung sprach.
- Der Chef der Volksmarine verstieß gegen einfachste militärische Führungsprinzipien, indem er, ohne mich davon zu informieren und demzufolge auch ohne meine Teilnahme, meine Stellvertreter zu sich befahl und von ihnen hören wollte, dass ihr Vorgesetzter seinen Aufgaben nicht gewachsen sei, nach vier Jahren erfolgreicher Tätigkeit in der Dienststellung des Kommandeurs des KRR-18. Sie waren nicht bereit, ihm das zu bestätigen.
- Der Chef der Volksmarine verstieß als Mitglied der SED gegen das Statut der Partei, indem er, über Kapitän zur See Hein Manschus, von der Parteileitung meiner Grundorganisation als Vorgesetzter verlangte, die für mich erarbeitete Parteipolitische Beurteilung negativ zu korrigieren. Die Parteileitung lehnte das zweimal ab.
Mein direkter Vorgesetzter, der Chef der Volksmarine, Admiral Wilhelm Ehm, hat vom Zeitpunkt nach der Nachinspektion, also nach dem 6. November, bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 01.12.1987 nicht ein einziges Gespräch mit mir geführt, nicht mal telefonisch. Für mich ist das unverständlich.
Enttäuschend war für mich aber auch das Verhalten des Chefs des Stabes, Vizeadmiral Theodor Hoffmann, in dieser Angelegenheit. Ich kannte ihn aus langjähriger Zusammenarbeit, vertraute ihm und verehrte ihn als mein Vorbild. Er führte mit mir befehlsgemäß, vollkommen unpersönlich, die vom Chef der Volksmarine befohlene Aussprache. Ich konnte nicht verstehen, dass er nicht vertraulich mit mir über diese Probleme gesprochen hatte, was für ihn jederzeit möglich gewesen wäre. Das könnte ich aber nur menschlich gesehen beanstanden, er war ja noch nicht Chef der Volksmarine, sondern sein Stellvertreter und deshalb dafür nicht verantwortlich.
Für mich persönlich waren diese Ereignisse die größte Enttäuschung meiner gesamten Dienstzeit als Kommandeur in der Volksmarine. Sie führten bei mir folgerichtig zu tiefgründigem Nachdenken und Zweifeln an dieser Art der Führung, dementsprechend zu Vertrauensverlust sowie einer bedeutend kritischeren Einstellung gegenüber meinen Vorgesetzten, die sich in meiner weiteren Dienstdurchführung widerspiegelte.
Ich war auch deshalb mit meiner Versetzung nicht einverstanden, weil mir der Zeitpunkt nicht gefiel. Ich wollte keinesfalls, wie unsere höchsten Vorgesetzten und Staatsfunktionäre, bis zum Rentenalter und darüber hinaus in dieser Dienststellung bleiben, was auch gar nicht möglich war. Aber ich wollte die Früchte der Saat, die ich mit der Führung und dem gesamten Personalbestand in vier Jahren harter Arbeit im Küstenraketenregiment 18 gesät hatte, jetzt, wo endlich Stabilität einzog und Erfolge aufzuweisen waren, auch ernten. Diese ganze Geschichte klingt zum Teil unglaublich, sie ist aber vollkommen real so abgelaufen.
Nach der Auflösung der NVA und meiner Entlassung erhielt ich meine Kaderunterlagen. Angemerkt werden muss zum Verständnis, dass zur damaligen Zeit natürlich keiner unserer Vorgesetzten ahnen konnte, dass diese Unterlagen mit Verschlusscharakter einmal in die Hände der betroffenen Personen gelangen könnten. Das war absolut nicht geplant und trug nicht nur in meinem Fall zur Klärung vorher unverständlicher Probleme bei. In der in meinen Unterlagen enthaltenen Aktennotiz vom 16.11.1987 über die oben geschilderte Aussprache, unterschrieben durch den Chef Kader, Kapitän zur See C. Pahlig, entspricht sowohl das Datum, der 10.11., als auch der Inhalt nicht der Wahrheit. Da ist angegeben, dass diese Aussprache mit mir der Chef der Volksmarine, Admiral W. Ehm, in Anwesenheit seines Stellvertreters und Leiters der Politischen Verwaltung, Konteradmiral H. Heß, führte, dass ich die mir aufgezeigten Mängel in meiner Führungstätigkeit bestätigt hätte und dass ich mit der Versetzung an die OHS in Stralsund einverstanden sei!
Ich hätte mir bis dahin nie vorstellen können, dass das höchste Kaderorgan der VM auf diesem wichtigen Gebiet nicht wahrheitsgemäß arbeitete und Kaderunterlagen unkorrekt führte.
Auf welcher, ich nenne es oberflächlichen, Basis die Kaderarbeit beim Chef der Volksmarine geführt wurde, beweisen auch andere meine Person betreffenden Dokumente. In den Vorschlagsblättern zum Einsatz in die Dienststellung des Regimentskommandeurs am 01.11.1983, zur Beförderung zum Kapitän zur See am 07.10.1984 und zur Auszeichnung mit dem Kampforden für Verdienste um Volk und Vaterland in Bronze am 01.03.1986, alle unterzeichnet vom Chef der Volksmarine, Admiral W. Ehm, wurden mir bescheinigt: „Ausgeprägte Kommandeurs- und Führungseigenschaften“, „Erfüllung der Aufgaben in allen Kommandeurs- und Stabsdienststellungen“, „Großer persönlicher Anteil am soliden Stand von Kampfkraft und Gefechtsbereitschaft“, „Umfangreiche erfolgreiche Arbeit beim Aufbau des Küstenraketenregiments 18“ sowie „Beharrliche und kontinuierliche Überwindung von Schwierigkeiten und Problemen“. Diesen Einschätzungen kann ich nicht widersprechen, sie sind durch die Praxis bewiesen.
Aber nicht einmal zwei Jahre später sollte das alles nicht mehr wahr sein. Da hieß es im Vorschlagsblatt zu meiner Versetzung zum 01.12.1987, unterschrieben am 23.11.1987(!) vom gleichen Vorgesetzten, Admiral W. Ehm: „Es mussten wiederholt Mängel in seiner Führungstätigkeit, in der Arbeit mit Unterstellten und in der wirksamen Umsetzung der Forderungen und Festlegungen festgestellt werden. Dazu erhaltene Hinweise und Kritiken wurden nicht im genügenden Maße berücksichtigt“. Die Feststellung dieser offensichtlichen, zahlreichen Widersprüche und Unkorrektheiten auf der höchsten Führungsebene sind für mich unverständlich und sehr unangenehm!
Ein schwerer Abschied von „meinem“ Küstenraketenregiment 18 mit dem neuen Chef der VM, Vizeadmiral Theodor Hoffmann.
Am 1.12.1987 habe ich die Geschäfte des Kommandeurs des Küstenraketenregiments 18 befehlsgemäß an meinen Nachfolger, Fregattenkapitän Dr. J. Dix übergeben. Eigentlich konnte ich zufrieden sein. Der Aufbau des Küstenraketenregiments 18 war erfolgreich abgeschlossen. Damit ging die zweite und längste Etappe, in deren Ergebnis die Führung, zwei Küstenraketenabteilungen und die sicherstellenden Einheiten bereit waren zur Erfüllung aller Aufgaben ohne Einschränkungen, zu Ende. Dass ich das Regiment in einem guten, gefechtsbereiten Zustand übergeben habe, lässt sich unschwer auf der Grundlage der im 1.Ausbildungshalbjahr 1987/88 und im Weiteren erfolgreichen Aufgabenerfüllung einschätzen. Die Führung und der Personalbestand waren fast unverändert, der neue Kommandeur und sein neuer Leiter der Politabteilung, Fregattenkapitän Rainer Schultz, mussten sich außerdem erst einarbeiten. Die Erfolge sind in dem folgenden Beitrag von Dr. J. Dix aufgezählt, alle in verhältnismäßig kurzer Zeit nach dem Führungswechsel. Wenn ich heute auf diese vierjährige Aufbauphase des Küstenraketenregiments 18 zurückblicke, fällt mir ein entscheidender Widerspruch auf. Der besteht darin, dass bei Übungen, Überprüfungen, Kontrollen und Vorführungen das Küstenraketenregiment 18 die dominierende Rolle spielte, die ihm als kampfstärkstem Truppenteil der Volksmarine auch tatsächlich zukam. Ansonsten war das aber nicht so, bei der Planung der Aufstellung des KRR-18 gab es grobe Versäumnisse, der „STAN“ war ein reines Minimalprogramm. Das Niveau der Dienst- und Lebensbedingungen des Personalbestandes und der Stand der Sicherstellungstechnik entsprachen nie dem hohen Niveau der modernsten Raketenbewaffnung. Eine Ausbildungsbasis mit Kabinetten, Lehrgefechtstechnik, eigenem Übungsgelände, Sportplatz, Sporthalle u.a. fehlte vollständig und war unverständlicherweise auch nicht geplant. Für Kulturveranstaltungen gab es nur eine Baracke, später einen Saal. Das alles bei einem Personalbestand von 500 Mann und einer sehr hohen Gefechtsbereitschaft mit Gefechtsdienst. Ständig hatten wir Fehlbestände an Personal und Technik und trotz meiner Informationen, Bitten, Forderungen, erhielten wir wenig Unterstützung. Auch meine Vorschläge für notwendige Veränderungen in der Struktur Technik, Bewaffnung und Ausrüstung, die sich zwangsläufig aus der Praxis ergaben wurden zum größten Teil negiert. Im Grunde genommen wurden wir mit diesem Riesenberg an Problemen allein gelassen!
Mit dem Leiter des Schießens der VM, Konteradmiral L. Heinecke, beim 1. RSA des KRR-18 1984.
Die groben Mängel bei der Planung der Aufstellung des Küstenraketenregiments 18 und in der weiteren Entwicklung fasse ich zum besseren Verständnis noch einmal zusammen:
- Das Fehlen eines Führungsorgans für die Küstenraketentruppen im Stab der Volksmarine.
- Das befohlene Besetzen des Führungspunktes des Chefs der KRT auf dem HGS des STMCVM durch den Regimentskommandeur und seinen Stab.
- Die ungenügende nachrichtentechnische Sicherstellung des Führungspunktes des Chefs der KRT auf dem HGS des Chefs der Volksmarine.
- Die nicht erfolgte vollständige Aufstellung der geplanten 3.Küstenraketenabteilung.
- Die Existenz nur eines Gerätes zur Fremdstromversorgung der Startrampen im Regiment für längere Zeit.
- Bei der Indienststellung das Fehlen des Operativen Diensthabenden im Regiment und, damit verbunden, der aktuellen Lage auf dem Seeschauplatz.
- Keine Sicherstellung des Gefechtseinsatzes der Raketenbewaffnung des KRR-18 durch die Organisation einer umfassenden Aufklärung des Seegebietes in seinem Interesse.
- Ein unbefriedigendes Niveau der Unterbringung des Personalbestandes.
- Ein ständiges Fehl an Personal, vor allem bei Berufssoldaten.
- Die schleppende Zuführung der Nachrichten- und anderer Führungstechnik.
- Die befohlene Übernahme der Sicherstellungstechnik von der RTA- 4 in nicht einsatzklarem Zustand (z.T. Schrott!).
- Normale mobile Tanktechnik Kfz „G-5“, die ältesten Kfz der NVA.
- Keine Ausbildungsbasis, auch keine Sportanlagen. Die Errichtung von Ausbildungskabinetten begann erst nach drei Jahren und dann in Eigenleistung.
- Keine niveauvollen Einrichtungen für Kulturveranstaltungen.
- Kein eigenes Übungsgebiet für die Taktische Ausbildung der Kampfeinheiten des Küstenraketenregiments 18.
- Keine Lehrgefechtstechnik, die Zuführung begann erst nach vier Jahren.
- Bei der Indienststellung das Fehlen einer vollständigen Dokumentation für die Ausbildung und Instandsetzung.
Diese Liste ungeklärter Probleme beim Aufbau des Küstenraketenregiments 18 ist erschreckend umfangreich und nicht zu erklären. Bei meiner Tätigkeit kristallisierten sie sich heraus und ich trug sie dem Chef der Volksmarine immer wieder, unter Angabe von Lösungswegen, vor.
Der Stellvertreter des Chefs der LSK/LV GL Baarß im Küstenraketenregiment 18, Vorführung der Technik 1987.
Da für mich die Reaktion darauf unbefriedigend war und ich durch wiederholtes Ansprechen dieser Mängel bei meinem Vorgesetzten auffällig wurde, versuchte ich es zusätzlich auf dem kleinen Dienstweg über die zuständigen Abteilungsleiter und Spezialisten des Stabes. Damit hatte ich bei diesen schwerwiegenden, aber nur mit erheblichem Aufwand zu klärenden Problemen, selten Erfolg. Nur die wenigsten wurden korrigiert und dann oft durch uns selbst. Meistens wurden sie nicht oder nur schleppend bearbeitet, ein äußerst unbefriedigender Zustand zum Nachteil des Regiments! Deprimierend für mich war, dass unseren höchsten Vorgesetzten die größten Mängel, die unzureichenden Dienst- und Lebensbedingungen und die fehlende Ausbildungsbasis, durchaus bekannt waren, da sie ja immer wieder in allen Auswerteberichten der zahlreichen Kontrollen standen. Dafür trugen unsere Vorgesetzten die alleinige Verantwortung, denn nur sie hatten die Befugnis, die dafür notwendige kurzfristige Planung und Bereitstellung finanzieller und materieller Mittel anzuordnen. Vorschläge dazu hatten wir ausreichend erarbeitet. Stattdessen wurde die Abstellung dieser, bereits bekannten, Mängel gefordert und das in erster Linie immer wieder vom Kommandeur. Später wurde allerdings auch angemerkt, dass sie nur mit der Hilfe und Unterstützung des Stabes der Volksmarine beseitigt werden könnten, die zugesichert wurde, aber nur theoretisch. Im Auswertebericht der Inspektion 1987 wurde noch einmal auf den im Küstenraketenregiment 18 bestehenden Widerspruch hingewiesen zwischen der Ausrüstung mit der modernsten Raketenbewaffnung und:
– der weniger modernen, bzw. fehlenden Sicherstellungs- und Führungstechnik,
– den ungünstigen Dienst-, Arbeits- und Lebensbedingungen der Angehörigen des Regiments,
– dem Fehlen von Trainern, einer Ausbildungsbasis, von Werkstattkapazität und Ausrüstung.
Auch hier wurden selbstverständlich sofortige Veränderungen verlangt, diesmal auch von meinem Vorgesetzten. Aber wieder gab es hauptsächlich nur Versprechungen, Vertröstungen, Eigenleistungen und scheibchenweise kleine Verbesserungen, sowie schließlich noch Versetzungen.
Im Übrigen deuten alle angeführten Probleme auf grobe Versäumnisse bei der Planung der Aufstellung des Küstenraketenregiments 18 und in der weiteren Arbeit hin und die Ursachen dafür liegen eindeutig bei der Führung der Volksmarine. Das kann man aber erst heute offen ansprechen. Damals sah ich das auch nicht so. Es gab für mich nur einen Schwerpunkt: Hartnäckig und ununterbrochen arbeiten an der Beseitigung dieser Missstände, wobei mir keinesfalls immer bewusst war, dass mir die dazu notwendigen Befugnisse und Mittel fehlten. Man kann nur darüber staunen, dass es uns gelang, trotz alledem eine schlagkräftige Truppe zu formieren, die schließlich alle Aufgaben erfüllte, worauf wir zu Recht stolz sind. Allerdings war die ständige Auseinandersetzung mit diesen Problemen aufwendig und für alle persönlich belastend. Insgesamt war es für uns ein unbefriedigender Zustand, aber wir mussten damit fertig werden.
Meldung an Konteradmiral J. Dönitz im Feldlager des KRR-18 beim Raketenschießabschnitt
Im Gegensatz dazu standen das Niveau der Dienst- und Lebensbedingungen mit großem Veranstaltungssaal, Sportplatz, Sporthalle, Schwimmhalle sowie der Bau von Ausbildungsbasen u.a. im Kommando der Volksmarine, den Flottillen, den Schulen, dem Marinehubschraubergeschwader 18 und dem Nachrichtenbataillon-18, später Regiment. Auch der exakte Ablauf und die vollständige Sicherstellung der Einführung des Kleinen Raketenschiffes „1241 RÄ“ und des nachfolgenden Aufbaus der 7.Raketenschiffsbrigade in der 6. Flottille ab November 1984 bewies, dass es durchaus anders ging, hier allerdings in Verantwortung der Flottille. Das beste Beispiel für die ausgezeichnete Organisation der Aufstellung und Sicherstellung eines Verbandes/Truppenteils war für uns die 5. Raketenbrigade der Landstreitkräfte, hier war einfach alles vorhanden, es hatte keine Mängel bei der Planung gegeben. Davon konnten wir uns bei unserem Besuch 1984 mit eigenen Augen überzeugen.
Ein Kuriosum war für mich die Bereitstellung finanzieller Mittel Ende 1989 durch den Chef der Volksmarine, Vizeadmiral T. Hoffmann, in Höhe von 100.000 Mark der DDR für den Kauf neuer Garagenhallentore, die alten waren verbeult. Das gehörte zur Vorbereitung des Besuchs des Ministers für Nationale Verteidigung anlässlich der Verleihung des Ehrenbanners des ZK der SED an das Küstenraketenregiment 18. Dafür war Geld vorhanden, um das ich solange vergeblich gebeten hatte, um vor allem die Dienst- und Lebensbedingungen unserer Truppen zu verbessern.
Damals hatte ich nicht die Zeit, um über diese Probleme tiefgründig nachzudenken. Aber heute weiß ich, dass das kein Zufall gewesen sein kann. So fiel mir beim Studium des Buches „Kommando Ostsee“ unseres ehemaligen Chefs der Volksmarine, Admiral a. D. T. Hoffmann, auf, dass in der Anlage 4 „Chronologische Übersicht über die Entwicklung der Seestreitkräfte“ die Daten der Indienststellung einzelner Schiffe angeführt sind, sogar von Hilfsschiffen wie eines Schwimmenden Stützpunktes. Dafür fehlt die Indienststellung des Küstenraketenregiments 18, von einer Startrampe, deren Kampfwert aber bedeutend höher war, als die eines Hilfsschiffes, gar nicht zu reden. Ein erheblicher Zuwachs an Kampfkraft für die Volksmarine war also anscheinend unwichtig. In den anderen Anlagen unseres Buches, der Aufzählung der Verbände und der Kräfte der Volksmarine, fehlen ebenfalls die Küstenraketentruppen und ihre Startrampen. Auch das kann eigentlich kein Zufall sein, man kann ja wohl kaum ein ganzes Küstenraketenregiment 18 „vergessen“. Der Grund dafür kann nur sein, dass für Admirale und eine Marine Schiffe in Friedenszeiten wichtiger sind als Startrampen, auch wenn ihr Kampfwert bedeutend niedriger und ihre Kosten wesentlich höher sind. Schließlich lässt sich mit Startrampen keine Flottenparade bzw. Flottenbesuch durchführen. Diese Einschätzung trifft übrigens auch auf die Admirale der Bundesmarine zu, die das ihnen „geschenkte“ Küstenraketenregiment 18 auflösten zum Verscherbeln und Verschrotten! Vielleicht fehlte einfach ein klares Konzept für eine ausgewogene, schlagkräftige Flotte. Im Kleinen wie im Großen ging es immer nur um „Weltgeltung“, gegen mögliche Konkurrenz in den eigenen Reihen, leider zum Nachteil des Ganzen.
Dazu eine Anekdote, die wir damals unter uns erzählten. Die drei mächtigsten Staaten der Welt beginnen mit dem Buchstaben „U“: Die USA, die UdSSR und – Unsere Deutsche Demokratische Republik!
Ende und Neubeginn
Eine Küstenraketenabteilung des KRR-18 in der Startstellung, Demonstration.
Ich hatte mein Ziel, wenn schon Versetzung – dann nur nach Rostock, gegen den Willen meiner Vorgesetzten erreicht, musste dafür allerdings auch die negativen Folgen tragen. Ich hatte einen meiner höchsten Vorgesetzten verärgert und dieser würde das verständlicherweise wohl nicht vergessen. Ich erinnere an den hierzulande berühmten Spruch: „Wir Mecklenburger sind nicht nachtragend- aber wir vergessen auch nichts!“ Das wurde mir durch den jetzt neuen Chef der Volksmarine, Vizeadmiral T. Hoffmann, übrigens ein echter Mecklenburger, sofort demonstriert. Bei der Übergabe der Dienstgeschäfte des Kommandeurs des Küstenraketenregiments 18 am 01.12.1987 auf der Regimentsmusterung im Objekt Schwarzenpfost wurde gegen den üblichen Ablauf verstoßen, indem nicht ich vom Fahnenkommando unsere Truppenfahne übernahm, sie an den STMCVM übergab, dieser an den neuen Kommandeur und der dann wieder an das Fahnenkommando. Dagegen übernahm hier Vizeadmiral T. Hoffmann die Truppenfahne vom Fahnenkommando und übergab sie dem neuen Kommandeur. So konnte ich mich nicht einmal von unserer Truppenfahne verabschieden, die ich von Admiral W. Ehm in Empfang genommen hatte, mit der ich zur Parade in Berlin an der Tribüne vorbei defiliert war, die ich zu vielen Musterungen ein- und ausmarschieren ließ und die drei langen Jahre im Fahnenschrank in meinem Dienstzimmer stand. Ein wahrhaft unverdient trauriger Abschied. In seiner Rede vor dem angetretenen Personalbestand stellte der neue Chef der VM den neuen Kommandeur, Fregattenkapitän Dr. J. Dix, ausführlich vor, aber den alten, das war ich, erwähnte er überhaupt nicht. Kein Wort des Dankes und der Anerkennung für die anstrengende, erfolgreiche Führung der vier Jahre Aufbauarbeit im Küstenraketenregiment-18. Die ganze Veranstaltung war für mich enttäuschend und damit wohl auch für das Regiment!
Mein Dienst als Flaggoffizier für Operative Führung der Volksmarine, den ich am 02.12.1987 im Stab der Volksmarine antrat, war trotz meiner großen Enttäuschung interessant. Ich gehörte zum Personalbestand des Hauptgefechtsstands (HGS) des Chefs der Volksmarine, der sich im täglichen Dienst Täglicher Gefechtsstand (TGS) nannte und in einem Gebäude im Kommando der Volksmarine in Rostock/Gehlsdorf in gesonderten, besonders gesicherten Räumen untergebracht war. Hier versahen vier Besatzungen ständig im 24- Stunden Rhythmus ihren Dienst, die Ablösung erfolgte jeden Tag früh um 07.30 Uhr. Der Flaggoffizier war der Chef der diensthabenden Besatzung.
Gratulation durch Kapitän zur See O. Stüllein anlässlich meines Geburtstages.
Die Aufgabe bestand in der ununterbrochenen Führung, Organisation und Kontrolle des operativen Dienstes in der gesamten Volksmarine. Dazu bestand eine Drahtnachrichtenverbindung mit Lautsprecher-Mikrofon-Anlage, die sogenannte Wechselsprechanlage, kurz „WL“, zum Operativen Diensthabenden (OPD) des Ministeriums für Nationale Verteidigung und den OPD der unterstellten Verbände, Truppenteile und Einrichtungen (Schulen u.a.). Diese wurde doubliert mit Telefon und, bei Notwendigkeit, durch Funknachrichtenverbindungen. Der Dienst erforderte eine ständige hohe Konzentration, Verantwortungsbewusstsein und Entscheidungsfreudigkeit sowie umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im Truppendienst. In den Besatzungen herrschte eine gute, kameradschaftliche Atmosphäre, es waren ausgezeichnete Spezialisten und auf jeden war Verlass. Die Ausrüstung mit Computern hatte begonnen, die Software erarbeiteten wir selbst. Meine Vorgesetzten waren der Leiter des HGS, der Chef des Stabes und der Chef der Volksmarine. Am häufigsten kommunizierte ich während meines Dienstes mit dem Chef des Stabes, Konteradmiral Rolf Rödel, den ich aus gemeinsamer Zusammenarbeit gut kannte. Durch ihn wurde man auch immer umfassend informiert. Kompliziert war vor allem die ständig auftauchende Frage: Wem melde ich was? Hier durfte man sich nicht irren.
Ein umfangreiches Problem stellten die Verletzungen der Seegrenze dar, die als „Besondere Vorkommnisse“ behandelt wurden. Dabei halfen mir meine Erfahrungen, die ich als Kommandeur in der 6. Flottille und im Küstenraketenregiment-18 sammeln konnte. Ich hatte zum Beispiel Dienst bei einem der schwersten Vorkommnisse, der „Republikflucht“ eines Segelmachers mit seiner Segeljacht aus Warnemünde über die Ostsee in Richtung Westen. Zum Abfangen der Segeljacht wurde eine Gruppe Torpedoschnellboote des Gefechtsdienstes der 6.Flottille eingesetzt. Für die Führung der Einsatzgruppe stand mir eine gedeckte UKW-Sprechfunkverbindung zur Verfügung. Da ich den Abteilungschef gut kannte, konnten wir gemeinsam einen Waffeneinsatz und damit eine Eskalierung der Lage verhindern. Es war offensichtlich alles gut geplant, nördlich von Kühlungsborn wartete bereits ein Schiff des Bundesgrenzschutzes der BRD, das die Jacht in Schlepp nahm. Ein weiteres besonderes Problem stellten die berühmten „Kuverts“ dar, die in einem gesonderten Schließfach unseres Tresors lagerten und zur Überführung der Volksmarine in höhere Stufen der Gefechtsbereitschaft dienten. Der Ablauf dafür war ungefähr wie folgt: Der OPD des Ministeriums für Nationale Verteidigung meldete sich und gab durch: „Uhrzeit, durchzuführen ist „Hochdruck“ (Codewort- Beispiel)!“ Das war gleichzeitig die „X-Zeit“ und damit lief die Stoppuhr, und die Normen der Gefechtsbereitschaft waren knapp bemessen. Nach der Quittung wurde das Schließfach geöffnet, dann das Kuvert mit diesem Codewort, die darin enthaltenen Anweisungen an die anderen OPD übermittelt und sofort der Chef der Volksmarine und der Chef des Stabes informiert. Dabei musste zügig, fehlerlos gehandelt werden und alles war zu dokumentieren. Dieser 24-Stundendienst war anstrengend, übrigens ohne Rücksicht auf Sonn- und Feiertage. Aber dafür hatte man zwischen den Diensten auch die freien Tage, meistens zwei, manchmal auch drei oder nur einen. Insgesamt war das nicht vergleichbar mit meiner spärlich bemessenen Freizeit als Regimentskommandeur. Fast die gesamten freien Tage verwendete ich jetzt für unser Projekt Hausbau. Zum Dienst fuhr ich mit dem Fahrrad, das waren von Gelbensande 24 Kilometer, für mich keine Stunde Fahrzeit.
Das Personal des Hauptgefechtsstands (HGS) des STMCVM.
Die aus meiner Sicht ungerechte Behandlungsweise setzte sich während meiner weiteren Dienstzeit in der Dienststellung als Flaggoffizier für Operative Führung der Volksmarine fort. Der Chef der Volksmarine, Vizeadmiral T. Hoffmann, dafür bekannt, dass er jeden Matrosen mit Handschlag begrüßte, übersah mich einfach, wenn Begegnungen nicht zu vermeiden waren. Die nächste deutliche Erinnerung folgte ungefähr ein Jahr nach Beginn meines Dienstes auf dem HGS während einer Kaderaussprache mit meinem neuen Vorgesetzten, Kapitän zur See Waldemar Richter. Er stellte fest, dass ich mich gut in meine Dienststellung eingearbeitet habe und meine Aufgaben erfülle. Dann informierte er mich darüber, dass geplant sei, mich mit Erreichen des 50. Lebensjahres, ich war gerade 45 Jahre alt, aus der NVA zu entlassen. Auf meine Bemerkung, dass er das ja wohl nicht entscheiden würde, antwortete er, dass das bereits entschieden sei. Ein Grund wurde nicht angegeben, also kam nur „mangelnde Eignung“ in Frage. Sehr deprimierend das Ganze für mich, bei der Biografie: Kadettenschule, Studium Raketentechnik, Kommandant eines Raketenschnellbootes, Chef einer Raketenschnellbootsabteilung, Seekriegsakademie, Stabschef und Chef einer Raketen- Torpedoschnellbootsbrigade, Kommandeur des Küstenraketenregiments-18, Flaggoffizier für Operative Führung der Volksmarine. Immer noch gesund und sportlich und dann mit 50 Jahren, nicht etwa 60 oder 70, „keine Verwendung“ mehr? Am 9. Juni 1989 setzte der Chef Kader der Volksmarine, mein ehemaliger Freund Kapitän zur See C. Pahlig, während einer Kaderaussprache dem Ganzen noch die Krone auf. Er bot mir meine sofortige Entlassung an – was für eine Niedertracht! Selbstverständlich lehnte ich das Angebot dankend ab, mir gefiel der Dienst. Auch nach meiner Versetzung in den Stab der Flotte riss die Verbindung zu „meinem“ Küstenraketenregiment-18 nicht ab. Meine Frau arbeitete weiterhin als Zahnärztin im Regiment, wir wohnten in Gelbensande, arbeiteten im Garten und in der Garage. Außerdem hatte ich während meines 24-Stundendienstes immer mal ein Telefongespräch mit dem OPD, dem Kommandeur oder einem seiner Stellvertreter. Ich glaube insgesamt viermal rief ich über Telefon an, um den Kommandeur oder Stabschef über einen „überraschenden Besuch“ zu informieren. Ich wusste, dass das für mich riskant war, aber auch, dass sie sich so besser auf die Erfüllung der für sie geplanten Überprüfung vorbereiten konnten.
Einmal rief mich meine Frau über Telefon während meines Dienstes an, sie hatte mit unserem Auto Getriebeschaden in Ribnitz-Damgarten, als sie unsere Tochter zur Schule brachte. Das Auto musste sie stehen lassen und sich ein Taxi nehmen, um pünktlich zum Dienst zu erscheinen. Ich telefonierte mit meinem Freund und früheren Stellvertreter Hans-Jürgen Galda und wir schleppten gemeinsam nach Dienst unser Auto nach Gelbensande. Dann arbeiteten wir beide bis in die Nacht in meiner Garage. Er nahm das Getriebe auseinander und beseitigte den Schaden. Gegen den Motorwechsel einer Startrampe war das für ihn eine leichte Aufgabe. Auch hier rechtfertigte er meine Ansicht, dass er der größte Kfz-Spezialist der Volksmarine sei. Auffallend waren für mich immer seine guten Verbindungen gewesen, die er ständig im Interesse des Regiments einsetzte. Als ich noch sein Kommandeur war, meldete er sich einmal bei mir ab zur Ersatzteilbeschaffung in die 5.Raketenbrigade. Er musste wichtige Dichtungen für die Motoren unserer Startrampen besorgen. In der Hand trug er eine schwere Tasche. Auf meine Frage, was er denn da mit sich herumschleppe, öffnete er sie und zeigte mir den Inhalt: Vier „Granaten“ oder auch als „Goldbrand 13,60“ bekannt. Natürlich hatte er Erfolg. Den Einsatz der Pioniergruppe des Küstenraketenregiments-18 mit der Pioniermaschine „BAT-M“ zum Ausschieben der Baugrube für unser Eigenheim im März 1989 leitete er übrigens auch persönlich.
Am 10.09.1990 ging für mich ein Traum in Erfüllung: Ein Mal Startrampe fahren!
Im Herbst 1989 eskalierte die politische Lage in der DDR. Die Demonstrationen und die Fluchtbewegung nahmen ein erschreckendes Ausmaß an. Die Regierung war nicht zum Rücktritt bereit, wurde aber schließlich dazu gezwungen. In dieser Zeit erhielten wir auf dem TGS zusätzliche „Kuverts“. Zu deren Inhalt wurden die Flaggoffiziere eingewiesen, damit sie nach dem befohlenen Öffnen keine Fehler machten. Der Inhalt legte die Richtlinien für einen möglichen Einsatz der in jedem Verband, Truppenteil und den Einrichtungen bereits gebildeten bewaffneten Einsatzkompanien fest. Dazu gehörte auch eine Gruppe im Bestand von zwei voll aufgetankten Hubschraubern des Hubschraubergeschwaders 18. Jetzt wurde es ernst! Mein Standpunkt zu diesen Problemen war eindeutig: Ich war Angehöriger einer Armee des Volkes und würde deshalb nie gegen mein Volk handeln. Das erste Mal seit meiner Vereidigung nahm ich den Fahneneid, den ich geschworen hatte, wieder zur Hand. Der Schwerpunkt war für mich dabei der Begriff der Befehlsverweigerung.
Zum Glück eskalierte diese gefährliche Situation nicht. Über Nacht verschwanden die zusätzlichen „Kuverts“ wieder.
Jetzt kam es auch zu ersten Veränderungen in unserer Partei, der SED. Während einer Mitgliederversammlung forderte ich die Auflösung der Parteikontrollkommissionen. Sie waren ursprünglich für die Kontrolle der Einhaltung des Statuts der Partei durch alle Mitglieder verantwortlich, hatten sich aber zu einem Instrument der Durchsetzung der Interessen führender Funktionäre und Vorgesetzter gegen Kritiker entwickelt. Im Ergebnis meines Auftritts wurde ich als „Demagoge“ durch Vorgesetzte beschimpft. Trotzdem arbeitete ich in einer Kommission zur Überarbeitung des Parteistatuts mit. Als sich hier aber nichts tat, sondern wieder nur viel geredet wurde ohne spürbare Veränderungen herbeizuführen, sprach ich dieses Problem auf der nächsten Mitgliederversammlung an. Auch diesmal fand ich keine Resonanz und erklärte deshalb nach einer kurzen Grundsatzrede meinen Austritt aus der SED. Das war keinesfalls spontan und es fiel mir nicht leicht nach 26 Jahren Mitgliedschaft, aber für mich war dieser Schritt in dieser Situation einfach notwendig. Ich ging mit dem Vorsatz: Nie wieder Partei, an den ich mich auch gehalten habe. Ich war einer der Ersten, die austraten und dementsprechend wurde ich wieder beschimpft. Aber das interessierte mich jetzt nicht mehr, obwohl ich mit Repressalien meiner Vorgesetzten rechnen musste. Das erledigte sich dann jedoch von selbst. Schon in der folgenden Woche traten die Nächsten aus, dann sogar der neue Chef der Volksmarine, Vizeadmiral Hendrik Born und bereits im Januar 1990 wurden die Parteiorganisationen in der NVA aufgelöst.
Die letzte Veranstaltung im Küstenraketenregiment 18 vor der Auflösung 1990: Die vier Kommandeure.