Beginn der Wartungseinsätze an der Startrampe 111 im Militärhistorischem Museum Dresden,
Bildung der AG Rubesh und der Förderverein des Museums
Einleitung
Im Beitrag „Die AG Rubesh“ haben wir in einem zusammenhängenden Bericht die Bildung und die Auflösung dieser Wartungsgruppe im Gesamten beschrieben.
Unter der jetzt folgenden Rubrik möchten wir über inhaltliche Themen der Wartungseinsätze berichten und mit einer Vielzahl von Dokumenten und Fotos ergänzen, also wesentlich tiefer in die Materie unserer Tätigkeit im Museum einsteigen. An dieser Stelle möchten wir dem Gründer der ersten Homepage Torsten Winkler und seinem Webmaster Wilfried Keßler danken, dass sie den Grundstein dafür gelegt haben, dass wir heute wesentlich tiefgründiger und selbstverständlich moderner darüber berichten können. So wurden viele Fotos und vor allem Zeitbezüge festgehalten, die uns heute die Recherche doch spürbar erleichtern. In den folgenden Seiten soll im Konkreten deutlich werden, welche Ziele wir mit unserer Tätigkeit im Museum verfolgt haben. Wenn es gelegentlich zu redundanten Aussagen zum oben genannten Beitrag kommen sollte, so wird das in erster Linie einer zusammenhängenden Berichterstattung geschuldet sein. Jeder, der auch nur geringfügige Fehler feststellt oder noch ergänzende Aussagen mitteilen oder vielleicht noch dieses oder jenes Foto zur Verfügung stellen kann, werden wir ebenfalls sehr dankbar sein.
Treffen und 1. Einsatz – 16.11.2001
Am Vorabend haben sich, dank einer noch funktionierenden internen „Benachrichtigungs- und Alarm-Meldelinie“ des ehemaligen TA-Bereiches unter Führung Hans-Jürgen Galda, folgende Männer in der Pension Rähnitz im gleichnamigen nördlichen Stadtteil Dresdens versammelt: Frank Heuer, Silvio Prasser, Erik Pellegrin, Carsten und Uwe Walter. Hans-Jürgen Galda wurde von Klaus-Peter Gödde telefonisch informiert und mit der „Alarmierung beauftragt“, der anschließend auch Torsten Winkler über das geplante Treffen in Kenntnis setzte.
Vor dem Museum hatten wir uns mit Hans Janaczeck verabredet, der auch pünktlich vor Ort war und uns, zu unserer aller Verwunderung, in der Felddienstuniform der NVA ohne Kopfbedeckung sich vorstellte und uns herzlich begrüßte.
In der Folgezeit bis ins Jahr 2002 hinein managte Herr Janaczeck unsere Einsätze im Museum und er war, als Gründungsmitglied des Fördervereins eine zentrale Figur für uns. Heute unvorstellbar. Nicht der Dienstweg über den Museumsleiter regelte unsere Wartungseinsätze in Dresden, sondern Hans Janaczeck war Ansprechpartner und Macher. Und es klappte auch. Über das wie, was und warum das so war, machten wir uns keine großen Gedanken, sondern dass der jeweilige Einsatz im Museum sichergestellt wurde, das zählte. Zu dieser Zeit wurde die Unterbringung am Standort Dresden in eigener Regie geregelt, also auf unsere Kosten finanziert. Hans Janaczeck hat einen Spitznamen, den er auch als E-Mail-Account hinterlegt hatte – Panzerhans. Das er wirklich ein Panzerspezialist oder besser gesagt exzellenter Panzerkenner ist, durfte ich bei einer von mir organisierten Exkursion mit ihm erfahren, als wir im Mai 2005 in das größte Panzermuseum der Welt nach Kubinka bei Moskau gefahren sind. Diese Tatsache werde ich zu einem späteren Zusammenhang sicherlich noch ausführlicher unter der Rubrik „Episoden“ beschreiben. Fakt ist, er hat als Westberliner nicht einen Tag bei der Panzertruppe gedient, kennt aber die Panzerwelt in Umfang und Konkretheit vielleicht besser als mancher langgedienter Panzerfahrer oder Panzerspezialist. Begünstigend war sicherlich auch, dass wir von der Marine kamen und von Panzer keine Ahnung hatten.
Was kam nach unserem Bekanntmachen mit Panzerhans auf uns zu. Hier der erste Eindruck nach fast einem Dutzend vergangener Jahre:
Unsere Rampe stand auf dem Territorium des heutigen neuen Depots. Damals war das zwar auch schon ein Depot, gefühlter maßen für uns eher ein riesiger Schrottplatz. Die Rampe stand in einer Ecke an der Grundstücksaussenmauer, welche an das gegenüberliegende neue Crown Plaza-Hotel grenzte. Unter der Persenning ahnten wir schon was uns nun erwartete. Nachdem die Plane entfernt war, sahen wir das ganze Elend unseres einstigen Stolzes. Die folgenden Fotos erübrigen eine genauere Zustandsbeschreibung.
2. Einsatz – 07.12.2001
Drei Wochen später waren die meisten schon wieder in Dresden. Die Aufgabe unsere Rampe wieder flott zu machen, schien die Jungs angespornt zu haben. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt weder wozu noch wohin. So, wie sie dastand, das konnten wir nicht dulden. Weiter wurde geschaut, Luken geöffnet, Deckel abgeschraubt und überall nur eins – Wasser und Feuchtigkeit. Es galt erst einmal einen Zustandsbericht zu erstellen und da war Hans-Jürgen in seinem Element. Irgendwie musste alles technologisch in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden, zu groß waren die Mängel und die möglichen Risiken durch übereiltes Handeln noch mehr zu zerstören. Weiterhin musste erst einmal sichergestellt werden wie und mit welcher Stromversorgung konnten wir rechnen. Die 24V-Kraftfahrzeugbatterie, wie sie im MAZ-543 genutzt wird, gibt es nicht im Kfz-Wesen des Museums. Gemeinsam besprachen wir das Problem und schnell war eine Übergangslösung gefunden. Die Jungs von der Gruppe von Panzerhans konnten aushelfen mit einem Batteriewagen. In der Folgezeit fertigte Silvio spezielle Überbrückungskabel an, die durch eine zweimalige Reihenschaltung den Spannungswert erhöhte mit anschließender zweimaliger Parallelschaltung die Stromversorgung mit 24 V und 280 Ah sicherstellte.
3. Einsatz – 28.12.2001
Das Jahr 2001 ging noch nicht zu Ende und ein drittes Mal traf sich die Gruppe im Museum in Dresden. Sagenhaft. Uns hatte förmlich ein „nostalgischer Virus“ erfasst.
Keiner kann genau sagen wie der Name „Rubesh-Gruppe“ zustande kam, der sich zum Jahresende langsam durchsetzte. Die Panzertruppe von Herrn Janaczeck nannten uns so, die Wache, die uns den Zutritt zu den Örtlichkeiten ermöglichte, nannte uns wegen der Unterscheidung zur Panzertruppe so und schließlich war der Name ein Begriff im ganzen Museum, wo jeder mit etwas anfangen konnte.
Was wurde während dieses Einsatzes an Arbeiten durchgeführt: Die Einspritzelemente hatten sich durch die extrem lange Standzeit festgesetzt und mussten nun wieder gängig gemacht werden. Das Kühlmittel im Kühler vom Hydraulikwandler war sogar geliert. Das musste entfernt und letztendlich gesäubert werden. Dazu war es notwendig umfangreiche Baugruppen fachmännisch zu demontieren und nach Reinigung wieder zusammenzubauen. Danach konnten wir den Motor das erste Mal starten und die Rampe vorsichtig verfahren. Mittels RIP-Betrieb konnten wir auch einige Funktionen durchführen, um den Container zu drehen, anzuheben und zu öffnen. Erst jetzt hatten wir den Gesamtüberblick über alle Großbaugruppen und konnten den Plan für weitere Einsätze erstellen.
4. Einsatz – 15.03.2002 Im beginnenden Frühjahr stand auf dem Arbeitsplan ganz oben an, der Wechsel der Bremsschläuche. Sie waren in den vielen Jahren porös geworden und gewährleisteten nicht mehr ein gefahrloses Bewegen der Rampe, jedes Bremsmanöver kann zu einem Unfall führen und somit zu einer Gefährdung für Mensch und Technik werden. Der Innendruck in diesen Schläuchen beträgt immerhin 5 bar. In diesen Tagen fiel auch die Entscheidung die SSR ins Museum zu verlegen, weil wir eine Verlegung in ein Aussenlager des Museums nach Zeithain ablehnten. Schon deswegen war ein Satz von acht neuen Bremsschläuchen notwendig. Zum Glück konnte Silvio diese in der Werkstatt der Ancora-Marina nachfertigen lassen und mit nach Dresden bringen. Die Rechnung für die entstandenen Herstellungskosten wurde problemlos durch das Museum beglichen. Selbstverständlich wurde die Bremsflüssigkeit komplett gewechselt und das Bremssystem entlüftet. Auch die ersten Wartungsarbeiten am Gerät 42 – der Gasturbine wurden durchgeführt. Da galt es besonders die Kraftstoffanlage der Turbine zu reinigen, zu entwässern und die Dieselfilter zu säubern. Außerdem wurden der Ölstand des Getriebes des Generatorensatzes und die Kohlebürsten der Generatoren kontrolliert. Das war eine Tagesaufgabe für die Angehörigen der ehemaligen Kfz-Werkstatt des KRR-18. Sie fühlten sich in ihrem Element, am Abend, bei einer Flasche Bier erzählten die Jungs über ihr heutiges Tageswerk und auch manches mehr. 19. April 2002 Der damalige Leiter des Museums, Fregattenkapitän Dr. Thomas Eugen Scheerer übergab uns mit diesem Vertrag unsere Rampe zur Wartung und Pflege – ein Zeitdokument. Verabschiedung 2003: Der langjährige Leiter (1998-2003), Fregattenkapitän Dr. Scheerer, verlässt das MHM. 5. Einsatz – 27.04.2002 Der heutige Einsatz steht eindeutig unter dem Zeichen der Verlegung der Startrampe vom Depot ins Museum. Ausführlich und sogar mit einem kleinen Videoclip wurden diese Momente in unserem Beitrag der AG Rubesh beschrieben. In Ergänzung noch ein paar Bilder, die über die Vorbereitung und den kurzen Marsch durch Dresdens Straßen zur Erinnerung hier festgehalten wurden. Die SSR 111 war die letzte Großtechnikeinheit, die das alte Depot verließ, um nun den Platz frei zu machen, damit ein neues und modernes Depot entstehen konnte. Der Zufall wollte es, dass auf den Monat genau vor 10 Jahren diese Rampe von Schwarzenpfost ins Museum verlegt wurde. 6. Einsatz – 23.11.2002 Unser 1. Regimentsfest lag gerade mal sechs Wochen hinter uns, und schon waren wir wieder in Dresden. Diesmal war Schwerpunkt im Wartungsprogramm die Turbine, die die gesamte Rampe mit Elektroenergie versorgt. Erste Wartungsarbeiten hatten wir schon beim letzten Mal angefangen. Ziel war selbstverständlich die Turbine zum Laufen zu bringen und damit die Energieversorgung unserer Rampe sicherzustellen. Denn alle anderen Arbeiten und vor allem die Funktionen für den simulierten Gefechtseinsatz konnten nur ausgeführt werden, wenn wir eine stabile Stromversorgung haben. Wenn wir die Rampe für Vorführungen im Museum einsetzen wollen, dann sollte schon die Turbine auch mit ihrem unvergesslichen Start- und Laufgeräuschen funktionstüchtig sein. Wir konnten die Turbine starten, sie lief auch an, aber nach 15-20 Sekunden schaltete sie sich selbständig ab. Guter Rat war teuer. Jochen Hoffmann, Thomas Ulrich und die anderen nahmen die Gedanken sogar mit nach Hause und knobelten daran, wie man dieses Ding zum Laufen bringen kann und wo die Gründe für das Abschalten liegen könnten. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn alles wie auf Knopfdruck laufen würde. Selbst wenn wir diese oder jene Schwachstellen erst überwinden mussten, so können wir eindeutig sagen, dass die erste Rampe, die 1980 an uns ausgeliefert wurde, immerhin über 20 Jahr alt war und trotzdem vieles lief, als wäre es am Vortag ausgeschalten wurden. Man berücksichtige, dass nach 30 Jahren für Technik schon der Oldtimer-Status beginnt. Übrigens noch heute befinden sich Startrampen des Typs „Rubesh“, selbstverständlich weiterentwickelt und modifiziert, im Bestand nicht weniger Flotten dieser Welt. Bei diesem Einsatz haben wir die Rampe auch erstmalig in einem größeren Umfang bewegt, dass heißt Reifen, Fahrgestell sowie Bremsen und der gesamte Antriebsmotor wurden auf ihre Funktionstüchtigkeit und auf Dauerbetrieb geprüft. Zu diesem Zeitpunkt war noch eine Gesamtumfahrung des Museumsgeländes möglich. Wir sprachen uns mit der Wache ab und so „gurkten“ die Jungs, soweit sie auch die Berechtigung zum Führen der Startrampe hatten, ein paar Mal um den gesamten Komplex. Die wenigen Besucher des Museums und die Wache verfolgten interessiert unsere Treiben. Heute sind solche Aktionen nicht mehr vorstellbar … 7. Einsatz – 04.09.2004 Zu diesem Einsatz gab es nur einen Schwerpunkt – die Turbine muss stabil laufen. Diesel hatten wir bei Volkmar Stimpel bestellt, der mit Ausscheiden von Panzerhans aus dem Förderverein die Sicherstellung unserer Gruppe übernommen hatte. Die Entscheidung, dass Volkmar uns im Weiteren betreut war auf jeden Fall sinnvoll. Schließlich war er Abteilungsleiter Restauration im Museum und so waren wir besser aufgehoben, wenn eine direkt Anbindung an das Museum somit erfolgt. Auch die Sicherstellung mit Unterbringung war eine wichtige Voraussetzung neben der materiellen und technischen Sicherstellung durch das Museum. Und das klappte vorzüglich bis zu seinem Ausscheiden aus dem Museum am 31.12.2013. Nun stand auch ein Termin an – der erste “Tag der offenen Albertstadt”. Hier wurden wir von der Museumsleitung gebeten unsere Rampe der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das war ein Ziel, bei dem wir nun das erste Mal zeigen konnten, wer wir waren und was wir heute, 15 Jahre nach Auflösung des KRR-18, hier im Museum machen. Im folgendem Link kann sich jeder einen Überblick verschaffen, was der “Tag der offenen Albertstadt” beinhaltet und wer alles daran beteiligt ist. Eine interessante Veranstaltung der Stadt Dresden, die mit den Jahren sich großer Beliebtheit erfreut. http://www.albertstadt.sachsen.de 8. Einsatz – Tag der offenen Albertstadt Am 02.10.2004 wurde in Dresden der 1. “Tag der offenen Albertstadt” durchgeführt. Das MHM Dresden, als Teilnehmer dieses Tages, bat uns zu prüfen in welchem Umfang die SSR “Rubesh” an Vorführungen für die Besucher teilnehmen könnte. Am 04./05.09.2004 traf sich die Dresdener Gruppe erstmals nach über einem Jahr, um die Technik für diesen Tag vorzubereiten und die Machbarkeit für Vorführungen zu prüfen. Durch intensive Arbeit und die hervorragende materielle Sicherstellung durch das MHM konnten wir die SSR in einen Zustand versetzen, der es erlaubte diese Großtechnik sicher und würdig vorzuführen. Wie geplant wurde dann der “Tag der offenen Albertstadt” begonnen. Unter der Verantwortung von Hans-Jürgen Galda wurden die Vorführungen im Stundentakt durchgeführt. Von der ersten bis zur letzten Vorführung konnten wir ein enormes Interesse der Besucher an der Technik der SSR feststellen. In einem Raum konnten sich die Besucher durch einen Videofilm ein Bild über die Geschichte des KRR-18, die Technik sowie das Raketenschießen machen. Im Anschluss wurde durch Uwe Walter ein kurzer Vortrag an der SSR gehalten. Jede Vorführung endete mit dem Start der Turbine, Drehen und Anheben des Containers sowie das Öffnen der Deckel. Alle Besucher konnten die Gefechtskabine und das Fahrerhaus der SSR besichtigen. Viele Fragen der Besucher mussten durch uns beantwortet werden. Nach Angaben des MHM wurden an diesem Tag circa 4000 Besucher auf dem Gelände gezählt, wovon ein Großteil reges Interesse an der SSR zeigte. Selbst heftige Regenschauer konnten den Besucherstrom nicht stoppen. Ehemalige Angehörige des KRR-18 waren ebenfalls unter den Besuchern. Stellvertretend sei hier der erste Kommandeur Herr Kurt Stippkugel, der wie viele Besucher auch die Gespräche und Erklärungen des Personals interessiert verfolgte. Angesichts des Erfolges dieses Tages wird durch das MHM in Erwägung gezogen, auch im kommenden Jahr einen “Tag der offenen Tür” durchzuführen. Wir freuen uns, dass wir durch unsere Tätigkeit dazu beitragen konnten, dass das MHM sich erfolgreich der Öffentlichkeit präsentieren konnte. Bis dahin sollte weiter an der Technik gearbeitet werden, um alle Systeme wieder in Funktion zu versetzen, wobei der Schwerpunkt auf der Funkmessanlage (Radar) liegen sollte. Am Ende des Tages waren unsere Mitglieder sichtlich erleichtert, dass alle Aufgaben gemeistert wurden und wir ein positives Bild unserer Arbeit hinterlassen haben. Zuletzt ein Dankeschön an das MHM, den Förderverein des Museums und vor allem an Herrn Volkmar Stimpel für die Unterstützung und Begleitung unserer Arbeit. Im Namen der Dresdener Gruppe. Frank Heuer Der polnische Hochschulprofessor und Militärkorrespondent Tomasz Szulc besuchte uns während dieses Wartungseinsatzes und schrieb dazu einen Beitrag in der polnischen Militärzeitschrift “Technika Wojskowa”, Ausgabe Oktober 2005. Anfang November 2005, entschuldigte sich Tomasz Szulc schriftlich für die verspätete Veröffentlichung seines Berichtes in einem persönlichen Brief an Klaus-Peter Gödde. Hier folgt der zweiseitige Bericht in Polnisch: Hier nun die Übersetzung ins Deutsche (ohne Bildteil): In der Ausgabe NTW 8/2005 S. 62-63 haben wir einen ausführlichen Artikel über die sowjetischen und russischen Küstenverteidigungskomplexe veröffentlicht, einige der damit verbundenen Themen sind rein historischer Natur, daher sind die Materialien zur Verwendung des Rubesh-Komplexes in der Volksmarine und in Polen Versuche, eigene Systeme dieser Art zu entwickeln und werden jetzt in der Rubrik Geschichte der Militärtechnik veröffentlicht. Ende August 1978 erhielt der Kommandeur der Raketentechnischen Abteilung (RTA-6) der 6.Flottille der Volksmarine, Kurt Stippkugel, den Befehl mit der Aufstellung des Küstenraketenregiments (KRR-18) zu beginnen. Die Einheit wurde in Schwarzenpfost, 15 km östlich von Rostock, untergebracht. Als Basis wurde die 1963 in einem Wald mit einer Fläche von 80 ha errichtete RTA der 4.Flottille gewählt, die Ende der 1970er Jahre auf 450.000 qm erweitert wurde. Sie war sorgfältig gesichert – das meiste war mit einer Hochspannungsanlage eingezäunt. Die Grundbewaffnung des Regiments sollten 12 selbstfahrende Startrampen (SSR) von Typ 3K51 Rubesh sein, gruppiert in drei Abteilungen mit jeweils zwei Batterien á zwei SSR. Neben den SSR umfasste die Ausrüstung des Regiments über 20 Nachrichtenfahrzeuge, 30 LKW und etwa 120 weitere Spezialfahrzeuge, darunter einen Kran mit einer Tragfähigkeit von 20 Tonnen. Der Plan sah die Lagerung von 64 Raketen (darunter 12 P-22) und 180 Tonnen giftigen und gefährlichen Treibstoffs vor. Diese im weitläufigen Sinne „Wirtschaft“ wird von ca. 450 Offizieren und Soldaten bedient. Dies bedeutet, dass die Kosten für die Anschaffung der Ausrüstung und die Vorbereitung der Infrastruktur für eine so umfangreiche Einheit sehr hoch waren. Vielleicht hat man deshalb Rubesh in der Volksrepublik Polen zurückgenommen. Die ersten beiden Startrampen (die Fahrzeugnummer 502 und 602 – wahrscheinlich die fünfte und sechste produzierte SSR) wurden 1980 ausgeliefert. Drei Jahre später, als sie zum ersten Mal an der Parade in Berlin teilnahmen, waren es bereits acht. Der Truppenteil erreichte sogar etwas früher, am 1. November 1983, die Gefechtsbereitschaft. Weitere Lieferungen der Startrampen verzögerten sich erheblich, offenbar hielt die sowjetische Industrie mit der Produktion nicht Schritt. Die letzten vier 3K51 sollten 1990 übergeben werden. Zwei kamen im März 1990 in der DDR an, zwei weitere, die im Juli geliefert werden sollten, wurden nicht mehr abgeholt. Letztendlich verfügten die DDR-Streitkräfte über zehn 3K51-Startrampen. Die Kosten für eine Startrampe waren nicht gering – sie beliefen sich Ende der 1980er Jahre auf 4,7 Millionen Rubel, die damals in etwa 10 Millionen DM oder 1/3 des Preises des 1241RE, des Projekttyps des Raketenschiffs betrug (mit vier Raketen P-21 bzw. -22 an Bord). Die Einheit führte sieben Raketenschießabschnitte auf dem Übungsplatz “Kap Taran” im Gebiet Kaliningrad durch. Jedes Mal wurden zwei Raketen abgefeuert, die alle das Ziel trafen. Das letzte Schießen fand im Juli 1989 statt. Die Ergebnisse der Ausbildung wurden von den Vorgesetzten sehr geschätzt – der Truppenteil wurde oft ausgezeichnet, 1984 erhielt er ein Banner und ein Jahr später erhielt er den Ehrennamen „Waldemar Verner“. Bis zum Ende seines Bestehens war das Regiment ständig im diensthabenden System eingebunden, d.h. zwei SSR mit gefechtsbereiten Raketen wurden in einer 60-Minuten-Einsatzereitschaft gehalten, die nächsten beiden waren in erhöhter Bereitschaft. Der Dislozierungsraum befand sich in der Nähe vom Darß. Es war vorgesehen, dass die Einheit im Kriegsfall eng mit Raketenschnellbooten und Marinefliegern zusammenwirken würde, Informationen über Ziele sollten von spezialisierten Aufklärungseinheiten kommen, genauere Informationen von zugewiesenen Hubschraubern (Mi-14 oder Mi-8). Die Deutschen waren sich der Mängel und der Komplexität durchaus bewusst. Ersteres beinhaltete die niedrige Geschwindigkeit der Rakete, ihre Größe sowie die nur auf drei einstellbaren Gefechtsfrequenzen der Zielsuchlenkanlage; Letzteres die beeindruckende Wirkung des Gefechtsteils mit einem Gewicht von 376 kg, von denen fast 300 kg auf den TGAG-5-Sprengstoff – eine Mischung aus TNT, Hexogen und Aluminiumpulver – anzurechnen ist. Das Risiko der Suchkopfunterbrechung wurde durch den kleinstmöglichen Einschaltabstand von 19,5 km zum Ziel minimiert. In diesem Fall beträgt die Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu bekämpfen 84%, und wenn dies nicht sofort gelingt, beginnt der Zielsuchkopf eine autonome Suche innerhalb eines Bereichs von 25° in der horizontalen Ebene. Der letzte Kommandeur der Einheit, Fregattenkapitän Klaus-Peter Goedde, der auch den gesamten Ablauf der Überführung der Einheit in die Strukturen der Bundesmarine und anschließend deren Abrüstung und Abriss bis zum 31. März 1991 leitete. Das war ein ziemlich umfangreiches Arbeitspensum, wenn man bedenkt, dass das Regiment fast 200 Fahrzeuge, 73 Raketen, 180 Tonnen Raketentreibstoff, 54 Tonnen Sprengstoff, 23 Tonnen Munition (für leichte Waffen, 6 Flak-Geschütze „ZU-23-2“ und drei selbstfahrende Nahbereichs-Vierfach-Fla-Raketen-Startanlagen „FASTA-4M“ im Bestand hatte). Zuvor besuchten jedoch zahlreiche Delegationen westlicher Spezialisten das KRR-18. Die ersten waren die Westdeutschen von den Wehrtechnischen Dienststellen (WTD) 81,71 und 91, dann die Amerikaner, die Engländer und sogar die Israelis. Letztere zeigten offenbar eine hervorragende Orientierung in der Thematik und interessierten sich vor allem für elektronische Zielsuchsysteme (hinsichtlich ihrer Störanfälligkeit). Die deutschen Dienste nahmen die gesamte Ausrüstung im Zusammenhang mit den Infrarot-Suchkopf „Snegir“ weg, aber die radikalste Lösung wurde von den Amerikanern angewendet, die bis zu vier Startrampen, die komplette Ausrüstung und einen großen Vorrat an Raketen (nach einigen Quellen sogar alle in der DDR vorhandene) in die USA transportierten. Dort wurden mit Hilfe von Spezialisten aus dem KRR-18 die Startrampen getestet und die Erprobungen am Naval Air Weapons Station Point Mugu und auf dem Trainingsgelände auf der Insel San Nicolas begonnen. Für die Tests wurde auch das Raketenschiff „Rudolf Egelhofer“, Proj. 1241RE, verwendet, das heute ein Museumsexponat im Hafen von New York ist. Offenbar zeigten sie eine erstaunlich geringe Wirksamkeit der passiven und aktiven Störmaßnahmen der US-Marine und sehr schlechte Ergebnisse beim Abfangen von Raketen durch Selbstverteidigungsmaßnahmen. Interessanterweise empfanden die Amerikaner das Abfeuern von Raketen durch Besatzungen, die in der Gefechtskabine der SSR operierten, zu riskant und entwickelten eine enorm komplizierte Apparatur zur kabelgebundenen Fernsteuerung der Startrampe. Aktuell ist das KRR-18 nur ein Teil der Geschichte der Nationalen Volksarmee des DDR, die vor allem in der Erinnerung der Soldaten des Regiments lebt. Obwohl sie über ganz Deutschland verstreut leben, stehen sie miteinander in Kontakt und haben sich an der einzigen Startrampe, die sich in deutschen Museumssammlungen befindet – im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden, wiedergefunden. Das Kfz ist noch voll funktionsfähig! Das Schicksal von sechs weiteren Startrampen ist bekannt: Vier bleiben in den USA, eine in den WTD BWB Ressourcen der Bundeswehr, eine in Großbritannien. Von den verbleibenden drei wurde Berichten zufolge eine in Israel gesehen; die Gerüchte erfordern eine Bestätigung, dass eine Batterie an Kroatien gespendet wurde. Daraus folgt, dass die DDR-Rubesh nach wie vor Interesse weckt und ihre Geschichte wahrscheinlich noch nicht beendet ist. Alle Fotos von Tomasz Szulc: 1 – Die Startrampe 3P51 wird in der DDR SSR (Selbstfahrende Startrampe) genannt, die sich in den Sammlungen des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden befindet. 2 – Die Funkmaß-Antenne Garpun an einem ausfahrbaren Mast. 3 – Wappen des Küstenraketenregiments-18 der Volksmarine der DDR. 4 – Bedienpult für die Funkmess-Anlage. 5 – Das Innere der Gefechtskabine – alle Sitze sind mit Vierpunktgurten ausgestattet. Dank dessen kann die Crew auch während der Fahrt in schwierigstem Gelände in der Kabine bleiben. Das offene Bullauge macht auf sich aufmerksam – im Kampfeinsatz ist es fest verschraubt. 6 – Das Bediengerät des Raketenwaffenleiters im Container des 3K51-Komplexes, sichtbar oben z.B. Vorstartkontrollgerät. 7 – Fahrerhaus MAZ-543M
August 2005